Digitalisierung in der Luft- und Raumfahrt
Wie eine Smart Factory mittelständischen Unternehmen hilft, mehr Nachhaltigkeit und Effizienz zu erzielen.
Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie sehen sich im gegenwärtigen Marktumfeld einem zunehmenden Druck ausgesetzt: Während Kunden und Geschäftspartner weltweit steigende Anforderungen an bezahlbare Mobilität stellen, fordert verantwortliches Wirtschaften in Kombination mit aktuellen Krisen die Einsparung von Ressourcen und ein höheres Maß an Nachhaltigkeit.
Im Projekt Digital Aerospace Factory arbeitet verlinked nun an Lösungen und Konzepten, mit deren Hilfe mittelständische Unternehmen industrielle Produktionsprozesse effizienter und ressourcenschonender gestalten können. Das Schlüsselelement bildet dabei die Etablierung einer durchgehend digitalisierten und vernetzten Prozesskette bei der luftfahrtzugelassenen Produktion. Eine von verlinked entwickelte, übertragbare Systemreferenzarchitektur bildet die Grundlage für die erfolgreiche Implementierung solcher Prozessketten.
Mithilfe der Daten, die sich aus der Digitalisierung gewinnen lassen, können Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtbranche Stromverbräuche optimieren, Durchlaufzeiten reduzieren und Werker entlasten. Zusätzlich erlauben Live-Daten das Treffen zuverlässiger Prognosen und das kurzfristige Beheben von Fehlern.
Aktuelle Herausforderungen in der Luft- und Raumfahrt
Die Digitalisierung und Vernetzung von Produktionsprozessen in der Luft- und Raumfahrtbranche stellt vor dem Hintergrund der enormen Verantwortung, die Unternehmen für Fracht und Passagiere tragen, eine besondere Herausforderung dar. Nicht nur müssen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen konsequent erfüllt werden, sondern bei der Entwicklung gilt es auch, etablierte Abläufe nicht zu beeinträchtigen.
Gleichzeitig zwingt der Wettbewerbsdruck große Luft- und Raumfahrtunternehmen ebenso wie ihre Zulieferer zur Kostenreduktion und Effizienzsteigerung. Um nachhaltig erfolgreich sein zu können, müssen sich Hersteller der Branche deshalb laut Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) zunehmend um eine Minimierung des Rohstoffverbrauchs, die Reduzierung von Lagerbeständen, die Erhöhung von Produktionsmengen sowie die Verkürzung von Entwicklungszyklen bemühen.
Zur Identifikation entsprechender Potenziale und zur langfristigen Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeiten, ist es für Unternehmen unabdingbar, ihre Prozesse transparent zu machen. Die Digitalisierung bietet durch die automatische Erfassung relevanter Daten und deren systematischer Analyse hierfür wirkungsvolle Ansätze.
Eine wichtige Grundlage der Digitalisierung bildet die Integration der unterschiedlichen IT-Systeme (Information Technology) und der verschiedenen technischen Komponenten in der Fertigung (Operational Technology). Hierdurch kann sichergestellt werden, dass alle relevanten Daten erfasst und integriert werden.
Die Umsetzung einer erfolgreichen Digitalisierungsstrategie ist hochgradig abhängig von den unternehmensspezifischen Prozessen und Gegebenheiten. Eine heterogene Systemlandschaft erfordert dabei flexible Ansätze zur Erfassung der Daten über verschiedene Schnittstellen.
Dadurch ergeben sich hohe Anforderungen an eine Integrationsinfrastruktur, die übertragbare Lösungsansätze bieten und gleichzeitig für spezifische Problemstellungen einsetzbar sein soll. Im zukunftsweisenden Verbundprojekt Digital Aerospace Factory wird gegenwärtig eine solche Infrastruktur entwickelt.
Digital Aerospace Factory für eine zukunftsfähige Luft- und Raumfahrt
Als Verbundprojekt kombiniert die Digital Aerospace Factory Kompetenzen in der industriellen Fertigung mit Know-how aus dem Bereich der Werkstoffdaten und Expertise zur durchgängigen Digitalisierung von Fertigungsprozessen. Als Projektpartner arbeiten dabei die HEGGEMANN AG mit der Matplus GmbH sowie der verlinked GmbH zusammen.
Konkret realisiert das Projekt ein Referenzmodell für die Digitalisierung und Integration vertikaler und horizontaler Prozessketten, das als Blaupause in anderen Industriebetrieben der Luft- und Raumfahrtbranche genutzt werden kann. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Berücksichtigung luftfahrtspezifischer Anforderungen bei einer flexiblen Vernetzung von Information und Operational Technology gelegt.
So schafft etwa die hohe Lebensdauer von Fahrzeugen in der Luft- und Raumfahrtindustrie, die regelmäßig über 50 Jahre betragen kann, besondere Anforderungen an die Archivierung (digitaler) Produktdokumentationen. Diese muss sowohl Verfügbarkeiten generell als auch geringe Wiederbeschaffungszeiten mehrere Jahrzehnte lang garantieren.
Gleichzeitig darf die Digitalisierung die Stabilität bestehender Prozesse nicht beeinträchtigen. Hier wird im Rahmen des Projekts deshalb zunächst parallel in simulierten Umgebungen gearbeitet, um im Anschluss gewonnene Erkenntnisse in etablierte Prozesse zu integrieren.
Projektziele
Vorteile der Digitalisierung von Luft- und Raumfahrt
Flexible Vernetzung IT/OT
Die horizontale Vernetzung von Information und Operational Technology eines Unternehmens stellt eine effiziente Möglichkeit zur erfolgreichen Auswertung und Planung von Fertigungsabläufen dar: Die strategische Ebene erhält Einblicke in zentrale Performancedaten aus dem Produktionsprozess und kann dadurch beispielsweise automatische KPIs generieren und präzise Kostenkalkulationen durchführen.
Gleichzeitig ermöglicht die vertikale Integration verschiedener Systeme es der operative Ebene, das Monitoring und Management von Maschinen auf dem Shopfloor zu optimieren. Werker erhalten durch zentrale Dashboards mit Live-Daten nicht nur vollständige Einblicke in den Produktionsprozess und den Status der gegenwärtigen Fertigung, sondern sie werden zusätzlich bei der Mehrmaschinenbedienung unterstützt.
Verbesserte Produktions- und Prozessplanung
Neben der Planung und Auswertung von Prozessen auf strategischer Ebene lassen sich durch die Erfassung relevanter Maschinendaten auch Fertigungssimulationen durchführen, die Aufschluss über Optimierungspotenziale geben. So ermöglichen Daten beispielsweise den virtuellen Test von Ressourceneinsparungen und Energieoptimierungen, ohne die laufende Produktion einschränken zu müssen.
Energieoptimierung
Die Optimierung der Energieverbräuche ist nicht nur eine ökologisch sinnvolle, sondern auch wirtschaftlich relevante Zielstellung für Unternehmen. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Vermeidung kostenintensiver Energiespitzen.
Darüber hinaus dient die Erfassung und Analyse von Energieströmen direkt an den Maschinen auch zur Identifizierung von Optimierungspotentialen in einzelnen Fertigungsschritten. Durch die unternehmensweite Erfassung von Energiewerten ergeben sich so konkrete Optimierungspotenziale für den gesamten Shopfloor.
Papierlose Fertigung
Begleitzettel, Arbeitsganglisten und Produktionsblätter, die in der klassischen Fertigung häufig noch genutzt werden, lassen sich in einer vollständig digitalisierten Prozesskette durch effizientere und weniger fehleranfällige Abläufe ersetzen. So vermeidet die papierlose Fertigung beispielsweise den häufigen Wechsel zwischen verschiedenen Medien und Systemen, sodass Fehler in der Datenübertragung reduziert werden.
Gleichzeitig können sowohl die Mitarbeiter auf dem Shopfloor als auch in der Geschäftsführung und im operativen Management jederzeit den aktuellen Status eines Produktionsauftrags in der Fertigung abfragen und so kurzfristig auf Verzögerungen reagieren. In Echtzeit lassen sich so auch schon während der Fertigungsprozesse detaillierte Auswertungen und Analysen erstellen.